Mittwoch, 3. Januar 2007

Protokoll zum Vortrag vom 16.12.2006

Vom Tagebuch zum Weblog. Zum Wandel eines analogen Kulturmusters.
Unter der Leitung von Dr. Klaus Schönberger, WS 06/07



Von der Brechtschen Radiotheorie in den 1920ern zu den Weblog- bzw. 2.0 Medienrevolutionen zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Bertolt Brecht entwickelte eine der ersten Radiotheorien. Darin fordert er eine Demokratisierung des Rundfunks, das Radio sollte jedem zugänglich sein und jeder Hörer sollte die Möglichkeit haben zu senden.
Als schließlich das Medium Internet aufkam, versprach es all das was in Brechts Raditheorie angestrebt wurde. Die neuen technischen Errungenschaften und das rege Interesse der User schufen so etwas wie eine „Graswurzelbewegung“.
Entwicklungen wie Open Source, Open Content sowie Weblogs ermöglichten Internetnutzern sich und ihre Meinung zu präsentieren, ihre Interessen zu vertreten, (soziale) Netzwerke zu knüpfen, dies auch noch kostenlos und auf den ersten Blick für jeden zugänglich.

Diskussion in der Gruppe:
Blogosphäre: Wird von Seminarteilnehmern als Verstärker, Beschleuniger der Meinungsfreiheit gesehen der uns ermöglicht unsere ungefärbte, monopolfrei Meinung abzubilden.
Gegenfrage aus der Gruppe: Aus welchem Grund sollte sich jemand anderes für meine Meinung interessieren?!
Eine mögliche Antwort: Die Abbildung unserer jeweiligen Meinung ist gekoppelt an die individuelle Kompetenz des Senders, was der Brechtsche Radiotheorie entspricht.
Genderswapping: sich im Netz als „ein anderes Geschlecht“ darzustellen.
Es gibt demgegenüber wissenschaftliche Untersuchungen, die diese Möglichkeit als quantitativ
vernachlässigbar darstellen. Demnach gebe es eine Tendenz, dass die NutzerInnen im
Netz auch nichts anderes machen bzw. haben wollen wie außerhalb des Netzes. Z.B.: Wenn eine reife Dame erkennt, dass sie mit einem 12 Jährigen kommuniziert, bricht sie den Kontakt sofort ab.
„Konstruierte Identität: welchen Stellenwert hat sie bei den Usergruppen wenn sie dem oben genanten gegenüber stellt?“
Wie man sich im Internet gibt ist abhängig von der spezifischen Nutzergruppe bzw. von der sozialen Zugehörigkeit. Dies wird auch z.B. bei den Lesegewohnheiten deutlich, Onlinezeitungen wie Stern, Spiegel, Focus etc. verzeichnen eine ähnlich hohe Frequenz wie als Zeitung, weil sich die selbe Lesergruppe dafür interessiert.
Kanalreduktion: Zentrale äußerliche menschliche Unterscheidungsmerkmale (Körperlichkeit) sind im Netz nicht ersichtlich, alles muss erst erfragt werden. Auch hier gibt es Geschlechtergrenzen.
In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, inwiefern nicht die Einteilung in Geschlechter auch hier noch zentral sei. Während eine Position vertrat, dass auch im Netz
Geschlechtergrenzen unter den Bedingungen von technisierter Kommunikation aufgehoben werden können, wurde aber auch die Erfahrung artikuliert, dass dieselben heutzutage in den Chats keine Rolle spielen bzw. gar nicht interessieren würden.
Zum Begriff der "Medienrevolution": Es wurde diskutiert inwiefern es eine solche tatsächlich gebe.
Gemessen an der Brechtsche Radiotheorie könnten so eine Position in der kulturwissenschaftlichen Literatur zur Internetnutzung – noch am ehesten die Weblogs in diesem Sinne eingeordnet werden. Aber auch hier sei der Begriff mit Vorsicht zu genießen.

Diskussion der Gruppe über positive Wirkungen des Netz:
    * Möglichkeit zu jeder Zeit und ohne Einschränkung zu kommunizieren. (=Ubiquität)
    * Kostenloses Wissen auf allen Ebenen
    * Unterhaltung
    * Zeitersparnis
    * Globalität
    * Flachere Hierarchien durch die veränderte Kommunikationsstruktur
    * Politik ist nicht nur mehr am Infostand oder durch die Medien zugänglich

    Mit Blick auf die im Kontext von Netzkommunikation diskutierte Informationsflut lassen sich zwei Positionen idealtypisch von einander abgrenzen:
    Pro: durch die große Menge an Informationen wird die Manipulation z.B. auf politischer Ebene gering, in relativ kurzer Zeit sehr viele Informationen.
    Contra: ist nicht vorraussetzungslos, verlangt nach der Qualifikation auszufiltern, sprachliche Kompetenz, Begriffe abstrahieren bei der Suchmaschinensuche.

    Fazit:
    Eine kulturwissenschaftliche Untersuchungsebene liegt darin, die Metaebene zu reflektieren. Hier wird nach der Funktion der Diskurse gefragt. Welchen sozialen Sinn ergeben diese Diskurse über soziokulturelle Praktiken. (Auch in diesem Kontext ist Bourdieus Kulturtheorie und seine Begrifflichkeit hilfreich).
    Wer über entsprechende Kapitalsorten verfügt, verfügte zugleich über größere Nutzungsmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang wurde eingeschätzt, dass die Implikationen der Techniknutzung tendenziell dazu führen dürften, Nutzern mit entsprechendem Kapital in ganz anderer Weise zu nutzen, als beispielsweise bildungsfernen sozialen Gruppen.
    In einer solche Sicht ermöglicht oder unterstützt das Internet (etwa als Katalysator) soziokulturelle Entwicklungen, ist aber nicht deren Verursacher

Vom Tagebuch zum Weblog - Zum Wandel eines analogen Kulturmusters

Ein Seminarweblog aus dem Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Karl-Franzens-Universität Graz

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