Montag, 27. November 2006

Kommentar zur 4ten Einheit

Es geht in der "Privatsphäre im Netz"- Debatte gar nicht im Kern um die Daten, die wir über uns selbst veröffentlichen. Das heißt: Es geht schon darum, aber das ist nicht der wichtige Punkt. Viel interessanter, wichtiger, kritischer sind die Daten, die andere über uns veröffentlichen.

Bilder auf Flickr, Weblogeinträge, Annotationen; es kommen immer mehr digitale Spuren über uns ins Netz, die wir nicht direkt selbst digital verursacht haben.
Es reicht, dass irgendwer ein Foto von uns auf einer Veranstaltung aufnimmt und es auf Flickr stellt. Ein anderer erkennt uns zufällig darauf und annotiert das Bild mit dem Namen - und schon weiß der Chef, dass man beim Fußballspiel und nicht krank war. Nicht mehr lange und Suchmaschinen werden auf Fotos Personen erkennen können - dann wird der Vorgang automatisiert (teilweise ja schon jetzt möglich!!!!!)

Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich eine "Daten-Ethik" in Weblogs, Fotodiensten und im Web allgemein entwickeln wird:
Nach welchen Regeln veröffentlicht man Daten über andere?
Ich finde zur Zeit ganz interessant, wie das Teenager in ihren Tagebuch- Blogs machen: Manche nennen ihren Klarnamen und die ihrer Freunde. Alle Sauforgien und Exzesse sind sauber dokumentiert im Netz und werden wahrscheinlich ewig personenbezogen auffindbar sein.
Hier ergibt sich dann in Folge das Problem (wie oben schon genannt), später einmal eine gute Arbeit zu finden. Denn über den, der heutzutage neu eingestellt wird, wird im Vorfeld heftigst recherchiert, ob er/sie ja eine „reine weiße Weste“ hat.

Andere gehen sehr differenziert mit Namen um, verwenden Pseudonyme, Kürzel oder Verfremdungen - zum Teil wohl, damit die Genannten die Einträge über sie selbst nicht finden können, zum Teil aber offenbar ganz bewusst, um die Identitäten der Be-bloggten (die mitlesen und manchmal mitkommentieren) zu schützen.

Daten über andere Personen zu veröffentlichen ist ein Eingriff in deren persönliche Rechte. Man muss behutsam damit umgehen.
Im Vorfeld muss man also den/die Betroffene;
• Fragen, bevor man ein Foto einer anderen Person veröffentlicht.
• Fragen, bevor man in Weblogeinträgen Bezug auf offline geführte Gespräche oder offline statttgefundene Treffen nimmt.
• Nachdenken, bevor man irgendwelche Daten mit persönlichen Daten einer anderen Person annotiert.


Weblogs verändern demnach unser Verständnis von Massenkommunikation. Die kleinen tagebuchartigen Webseiten werden ohne finanziellen Aufwand von Einzelpersonen geschrieben und erreichen die Leserzahlen von Tageszeitungen. Sie sind wirtschaftlich, und damit im Gegensatz zu vielen traditionellen Massenmedien auch inhaltlich unabhängig. Sie sprechen eine völlig neue Sprache, die der privaten Kommunikation ähnlich ist.

Die Blogosphere ist deshalb aber keine schreckliche Hölle der Wahrheit, sondern ein neuer Ort für Dialog mit den Bezugsgruppen und eine neue Möglichkeit Feedback zu generieren. Trotzdem muss man sich im klaren sein, das persönliche Daten für andere zugänglich gemacht werden und das dieser Vorgang nicht so ganz ungefährlich ist.

Vom Tagebuch zum Weblog - Zum Wandel eines analogen Kulturmusters

Ein Seminarweblog aus dem Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Karl-Franzens-Universität Graz

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